1. Was ist Psychotherapie?
2. Welche Krankheiten können mit Psychotherapie behandelt werden?
3. Wer übernimmt die Kosten für eine Psychotherapie?
4. Wer behandelt psychotherapeutisch?

 

 1. Was ist Psychotherapie?

„Psychotherapie“ bedeutet die Behandlung von seelischen Krankheiten des Denkens, Fühlens, Erlebens und Handelns. Dazu zählen Störungen wie Ängste, Depressionen, Eßstörungen, Süchte und Zwänge oder Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen.

Darüberhinaus werden auch psychosomatische Störungen psychotherapeutisch behandelt. Hierbei bedeutet „Psychosomatik“, daß seelische Prozesse einen schädigenden (oder bei erfolgreicher Therapie einen heilenden) Einfluß auf den Körper haben können. Auch bei organischen Erkrankungen, z. B. Schmerzzuständen, neurologischen Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkankungen werden psychotherapeutische Behandlungsverfahren begleitend zu der organmedizinischen Behandlung eingesetzt.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie betrachtet aktuelle Probleme und Störungen als Ausdruck von Konflikten und Traumatisierungen, die in der frühen Kindheit erlebt und unzureichend verarbeitet wurden. Es wird davon ausgegangen, daß viele seelische Phänomene unbewußt ablaufen und daß diese nicht bewußten Vorgänge von großer Bedeutung für körperliche und seelische Gesundheit, bzw. Krankheiten, sind.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

In der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie wird von einem oder mehreren begrenzten aktuellen Konflikten ausgegangen. Die hierbei erlebten Gefühle werden aufgearbeitet und in Bezug zu wichtigen früheren Erlebnissen und Beziehungsmustern gestellt. Durch das damit verbundene Wiedererleben von alten und oft verdrängten Gefühlen wird eine neue und bewußte Auseinandersetzung mit diesen Erfahrungen möglich gemacht. Dadurch verändert sich der Umgang mit den aktuellen Problemen in günstiger Weise.

Psychoanalyse

Psychoanalyse betrachtet ebenfalls aktuelle Probleme und Störungen als Ausdruck von Konflikten und Traumatisierungen, die in der frühen Kindheit erlebt und unzureichend verarbeitet wurden. Ebenso geht sie davon aus, daß viele seelische Probleme unbewußt ablaufen und daß diese nicht bewußten Vorgänge von großer Bedeutung für die körperliche und seelische Gesundheit, bzw. Krankheit sind.

Im Gegensatz zur Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie arbeitet die Psychoanalyse jedoch nicht nur an einem relativ eng umgrenzten Konflikt, sondern an der psychischen Grundstruktur des Patienten. Eine solche Veränderung erfordert in der Regel eine mehrjährige Behandlung. Die Psychoanalyse arbeitet mit Assoziationen, Träumen und er Deutung von Reaktionen der Patienten gegenüber dem Therapeuten und anderen Personen des sozialen Umfeldes. Durch die Auseinandersetzung mit diesen verborgenen Anteilen und dem allmählichen Vordringen in tiefere Schichten des Unbewußten können früher nicht ausreichend bewältigte Entwicklungsschritte nachgeholt werden, aktuelle Gefühle und Verhaltensweisen können besser verstanden werden.

Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie gründet sich auf den Erkenntnissen der Lernforschung. Hierbei geht sie davon aus, daß menschliches Verhalten nicht angeboren, sondern erlernt wurde und somit auch wieder verlernt werden kann. So wie Menschen im Laufe ihres Lebens viele nützliche und notwendige Dinge erlernen, so können ungünstige Verhaltensweisen, wie Süchte oder Ängste, erlernt werden. Diese Verhaltensweisen können die Lebensqualität erheblich einschränken. Ziel der Verhaltenstherapie ist die Änderung ungünstiger Verhaltensweisen. Das störende Verhalten wird analsysiert und die Situationen, in denen es auftritt. Ungünstige Verhaltensweisen sollen wieder verlernt und neuen hilfreiche Gewohnheiten aufgebaut werden, z. B. Kontaktpflege anstelle von sozialem Rückzug. Unterschiedliche Methoden, wie Angstbewältigungsstrategieen, Rollenspiele oder Selbstsicherheitstraining werden zum Teil auch in Alltagssituationen angewandt.

Gruppenpsychotherapie

Die Gruppenpsychotherapie nach tiefenpsychologischen Gesichtspunkten arbeitet mit Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und verschiedenen psychischen Problemen. Für die Gruppenarbeit wichtig ist ein Gefühl der Verbundenheit, das durch die Gruppenleiterin gefördert wird.
Durch freies Reden werden Beziehungsmuster, die nicht bewusst sind, sichtbar gemacht und können bearbeitet werden. Beispielsweise wird ein Gruppenmitglied durch ein anderes Gruppenmitglied an seinen Bruder erinnert. Die dabei auftretenden Gefühle erinnern dieses Gruppenmitglied nun an Alltagssituationen, die bisher nie mit der Prägung durch den Bruder in Verbindung gebracht wurden. Dadurch können Alltagssituationen aus einer neuen Perspektive betrachtet werden.
In der Gruppe soll möglichst frei gesprochen werden, Gedanken, Gefühle, Phantasien und Träume sollen formuliert werden. Nun können andere Gruppenmitglieder Rückmeldung geben oder eigene Gedanken und Gefühl einbringen. Dadurch entsteht ein Gruppenprozeß, der einen Lernprozeß in Gang setzt, der zu Gefühlsdifferenzierung führt, Selbst- und Fremdwahrnehmung verbessert, sowie die Fähigkeit dies in Worte zu fassen verbessert. Dies führt zu einer Stärkung der Persönlichkeit und zur Symptomreduktion.
Die Therapeutin/der Therapeut leitet den Gruppenprozess. Eine Gruppe besteht aus 6-8 Gruppenteilnehmern. Die Schweigepflicht und die Tatsache, dass sich keiner persönlich kennt, sind Voraussetzung für ein wirksames Arbeiten.

Störungsspezifische Gruppen sind Gruppen, die einen Symptomkomplex in den Vordergrund rücken. Dies bedeutet, dass ein Thema, z.B. die Angst, im Mittelpunkt der Gespräche steht. Hierüber findet dann der Austausch statt.
Dieser kann nach dem Verhaltenstherapeutischen Konzept erfolgen und hat häufig einen „Unterrichts Teil“, es werden Hintergründe und Konzepte dargelegt und Hausaufgaben gegeben. Das Thema kann auch nach tiefenpsychologischen Gesichtspunkten bearbeitet werden, dann wird wie eingangs beschrieben vorgegangen. Es sind dann ausschließlich Gruppenmitglieder mit vergleichbaren Symptomen z.B. Angstsymptomen in der Gruppe.

 

2. Welche Krankheiten können mit Psychotherapie behandelt werden?
  • Depressive Störungen (als einmalige Episode oder wiederkehrende Beschwerden)
  • Angsterkrankungen (Phobien, Panikstörungen)
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Suchterkrankungen (stoff- und nicht stoffgebundene Süchte)
  • Körperliche Erkrankungen mit seelischen Ursachen („funktionelle Erkrankungen“)
  • Schmerzerkrankungen mit oder ohne organische Ursachen
  • Seelische Probleme aufgrund von körperlichen Erkrankungen
  • Seelische Probleme im Rahmen von äußeren Belastungen, z.B. Gewalttaten, Arbeitslosigkeit
  • Eßstörungen
  • Entwicklungs- und Verhaltenstörungen bei Kindern und Jugendlichen
3. Wer übernimmt die Kosten für eine Psychotherapie?

Psychotherapie ist eine antragspflichtige Leistung aller gesetzlichen und auch der meisten privaten Krankenkassen und Beihilfestellen, die von dafür zugelassenen Vertragsärzten oder Vertragspsychotherapeuten erbracht wird.

In der Regel wird der Antrag an die Krankenkasse nach drei oder vier (maximal fünf) sogenannten Vorgesprächen gestellt, um die Kostenübernahme zu erhalten. Die praktizierte Psychotherapie muß zu den sogenannten erstatttungsfähigen Richtlinienverfahren (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse, Verhaltenstherapie) gehören. Die bewilligungsfähige Stundenzahl beträgt maximal 100 Einzelbehandlungen (in der Psychoanalyse unter Umständen auch mehr) die sich jedoch in verschiedene Behandlungsabschnitte aufteilen und wiederholt neu beantragt werden müssen. Die Formulierung des Antrages erfolgt durch den Theapeuten. Vom Patienten ist eine Schweigepflichtsentbindung gegenüber Ihrer Krankenkasse erforderlich.

Als gesetztlich Versicherte(r) bringen Sie bitte Ihre Krankenkassenkarte und eine Überweisung (in der Regel vom Hausarzt) zum ersten Kontakt im Quartal mit.

Sofern Sie privat versichert sind, empfiehlt es sich, bei Ihrer Krankenkasse nachzufragen, unter welchen Bedingungen eine psychotherapeutische Behandlung erstattet wird. Nicht jede Krankenkasse übernimmt die Behandlungskosten vollständig, so daß u. U. Zuzahlungen notwendig sind. Das Honorat richtet sich nach den in der „Gebührenordnung für Ärzte“ (GOÄ) dokumentierten üblichen Sätzen.

Für bei der Beihilfe Versicherte muß die Antragsstellung rechtzeitig und spätestens vor Ablauf der fünften probatorischen Sitzung („Vorgespräch“) erfolgen. Rückwirkende Anträge werden nicht anerkannt. Bitte fordern Sie deswegen bei Ihrer Beihilfe den für Psychotherapie notwendigen Antrag an, damit er fristgerecht erstellt werden kann.

 

4. Wer behandelt psychotherapeutisch?

Der ärztliche Psychotherapeut ist ein Arzt mit einer Psychotherapie-Weiterbildung. Dazu gehören der Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Fachgebundene Psychotherapie“ und der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Ein Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Fachgebundene Psychotherapie“ ist ein somatischer Facharzt mit einer Weiterbildung in den psychosozialen Fragen seines Faches (etwa beim Internisten die psychogenen Störungen der Herzfunktion). Vor 2003 hießen diese Ärzte „Arzt mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie“.

Ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hieß vor 2003 (in Baden-Württemberg bis Mai 2006) „Facharzt für Psychotherapeutische Medizin“ und hat sich auf die psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert und führt Richtlinien- Psychotherapie durch.

Ein Facharzt für Neurologie ist ein Spezialist für Erkrankungen des Nervensystems wie Multiple Sklerose oder M. Parkinson. Vor 2003 war die Bezeichnung „Facharzt für Neurologie und Psychiatrie“. Seit 2003 entfällt der Psychiatrieanteil.

Ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie führt die psychiatrische Grundversorgung und Richtlinien-Psychotherapie durch. Er behandelt im Gegensatz zum Psychologischen Psychotherapeuten auch medikamentös.

Ein Psychologischer Psychotherapeut ist ein Diplom-Psychologe mit anschließender drei- oder fünfjähriger Psychotherapie-Ausbildung an einem Institut. Er behandelt nach den Psychotherapie-Richtlinien.

Ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie behandelt Kinder und Jugendliche psychiatrisch oder psychotherapeutisch.

Ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut ist gelernter Psychologe, Sozialpädagoge, Sozialarbeiter oder Lehrer mit anschließender Ausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Unter die Richtlinienpsychotherapie fällt die Psychoanalyse, die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Verhaltenstherapie. D. h. Kosten für Behandlungen mit diesen Methoden werden von den Kostenträgern (Krankenkassen, Beihilfestellen) nach entsprechendem Antragsverfahren übernommen.